Hmm, wie komme ich dazu, ein Organ herauszupicken und ihm einen ganzen Artikel zu widmen? Warum ausgerechnet die Schilddrüse? Das wusste ich zuerst auch nicht. Ich bin Kinesiologin und teste mit dem Muskeltest körperliches und seelisches Ungleichgewicht. Dabei zeigen sich immer wieder Regelmäßigkeiten, die mir zu denken geben. Wie zum Beispiel erhöhter Jodbedarf oder angeschlagene Schilddrüse bei relativ vielen Frauen. Interessant, dachte ich, und habe vielleicht auch ein bisschen mich selbst hinterfragt. Mache ich irgendwo einen Fehler? Mitnichten. Letztens ist mir folgende Studie in die Hand gefallen:
Jede zweite Frau über 45 ist betroffen
Die Schilddrüsen-Initiative Papillon machte eine Schilddrüsen-Screening-Untersuchung nicht vorbehandelter deutscher Frauen und fand heraus, dass es bei 48,7 % (fast die Hälfte!) von Frauen über 45 einen krankhaften Befund gab! Bei Männern waren es immerhin 41,5 %. Das ist alarmierend.
Ich recherchierte nach. Es gibt Schilddrüsenexperten, die behaupten, dass nach ihrer Erfahrungen bei jedem dritten Erwachsenen Schilddrüsenstörungen vorliegen.
Probleme trotz unauffälligen Blutwerten
Spätestens jetzt interessiert das Thema vielleicht auch dich. Symptome einer gestörten Schilddrüse sind sehr unspezifisch und nicht so leicht zu identifizieren. Der Bluttest zeigt häufig nichts an, obwohl die Symptome für eine Störung der Schilddrüse sprechen. Wir haben diesen Tests viel zu verdanken, aber sie verhindern manchmal auch die richtige Diagnose. Denn die Blutwerte werden auch ein bisschen willkürlich festgesetzt. Man macht eine Untersuchung der Durchschnittswerte der Bevölkerung. Der durchschnittliche Wert gilt dann als Norm. Und jetzt erinnern wir uns daran, dass jeder dritte Erwachsene eventuell krankhafte Werte hat. Schon wird klar, dass es sich bei den festgesetzten Werten nur um den Durchschnitt handeln kann und niemals um die gesunde Norm.
Da sich Ärzte angewöhnt haben, sich auf Laborwerte zu verlassen, fehlt ihnen oft das geschulte Auge für die Symptome. Die letzte Generation war noch darauf angewiesen, den Patienten und seine Symptome genau zu beobachten. Das fällt heute häufig weg und so passiert es manchmal, dass ich meine Klientin auf die sich meldende Schilddrüse hinweise und sie dennoch keinen auffälligen Blutbefund bekommt.
Mir sind dann die Hände gebunden, denn ab da müsste eigentlich ein Arzt übernehmen. Manchmal heißt es auch „Ach ja, mit der Schilddrüse hatte ich es mal“ und ich muss darauf hinweisen, wie wichtig es ist, dieses Organ auch weiterhin im Auge zu behalten. Aus meiner Sicht wäre es sehr wünschenswert, dass sich Ärzte wieder verstärkt nach Symptomen orientieren und ihre Beobachtung schulen, statt immer nur Blutwerte zu lesen. Müdigkeit, Gewichtszunahme, Antriebslosigkeit, Haut- und Haarprobleme, die Schilddrüse kann einem das Leben ordentlich vermiesen. Wenn mich der Arzt der Klientin nicht unterstützt, kann ich nur Empfehlungen geben, die ich nächste Woche auch für dich zusammenfassen werde.
Die Steuerungszentrale in Schmetterlingsform
Die Schilddrüse ist ein kleines, schmetterlingsförmiges Organ am Hals unter dem Schildknorpel vor der Luftröhre. Mittels Hormonproduktion steuert sie alle Stoffwechselvorgänge im Körper. Somit hat sie den Stoffwechsel im Griff: bei Überfunktion produziert sie zu viele Hormone und beschleunigt den Stoffwechsel, bei der sehr oft unentdeckt bleibenden Unterfunktion verlangsamt sie den Stoffwechsel.
Was die wenigsten wissen – beide Fälle bringen die Gefäße und das Herz in Gefahr. Bei der Unterfunktion wird auch Fett langsamer verbrannt, es lagert sich in den Gefäßen ab und steigert die Gefahr eines Herzinfarkts. Bei der Überfunktion erhöht sich auch der Puls und das Herz wird gehetzt. Auf keinen Fall sollten Schilddrüsenstörungen unbehandelt bleiben. Hier geht es nicht um das Pro oder Contra einer Hormontherapie, sondern wenn die Schilddrüse aus dem Takt kommt, sind Hormontabletten eine wirklich gute Sache. Was man sonst noch für die Schilddrüse tun kann, werde ich wie gesagt nächste Woche erläutern. Heute ist mir wichtig, dir von den Symptomen zu berichten, die darauf hindeuten könnten, dass deine Schilddrüse Aufmerksamkeit braucht.
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Grundsätzlich muss man sagen, dass die Schilddrüse früh altert. Bereits zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr fängt das Drüsengewebe an zu schrumpfen und eventuell zu degenerieren. Je älter man ist, umso mehr sollte man hier aufpassen. Das Tragische ist, dass Symptome einer Schilddrüsenstörung „harmlosen“ Alterungszeichen sehr ähnlich sind: Konzentrationsstörungen, Leistungsabfall, Verlangsamung, Gedächtnisschwäche. Da heißt es schnell vor allem bei Frauen: „Na ja, Wechseljahre“.
Schilddrüsen-Überfunktion
Diese Symptome lassen sich nicht ganz so leicht übersehen wie bei einer Unterfunktion. Der Körper läuft dauernd auf Hochtouren und folgende Symptome treten auf:
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Reizbarkeit, Unruhe, Nervosität
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Schlafstörungen
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Haarausfall
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Schwitzen
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Gewichtsverlust (trotz normalem Essen – Betroffene können oft rund um die Uhr essen, ohne zuzunehmen)
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Durchfallneigung
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Herzbeschwerden
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Dauerhaft erhöhter Puls, ev. unregelmäßiger Herzschlag
Nicht immer haben nervöse Menschen seelische Probleme, manchmal haben sie auch einfach eine kranke Schilddrüse. Manchmal geht dies jedoch Hand in Hand. Da meine Arbeit genau an der Schnittstelle zwischen Körper und Seele stattfindet, kann ich berichten, dass das Beruhigen des Gemüts auch zur Beruhigung der Schilddrüse führen kann. Dennoch ist hier der Arzt auf jeden Fall die erste Anlaufstelle.
Schilddrüsen-Unterfunktion
Hier kommt es zur Verlangsamung der Körperfunktionen, der Stoffwechsel läuft auf Sparflamme. Betroffen sind vor allem Frauen in der zweiten Lebenshälfte und die Unterfunktion bleibt leider allzu oft unentdeckt. Deswegen möchte ich hier so detailliert darauf eingehen, dass du deine eventuellen Symptome möglichst gut einschätzen kannst.
Symptome, die bei 70% der Betroffenen auftreten:
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Antriebsschwäche, Müdigkeit (vor allem in Ruhephasen), Lethargie
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Trockene, raue Haut
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Kälteempfindlichkeit, Frieren bei normaler Raumtemperatur
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Geschwollenes Gesicht, Tränensäcke
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Langsames Sprechen
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Reduzierte Schweißmenge
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Verlangsamte Muskelentspannung bei Reflextest
Symptome, die bei 50% der Betroffenen auftreten:
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Trockenes, sprödes Haar
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Niedriger Puls (<60 / min)
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Vergesslichkeit
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Probleme abzunehmen (Gewichtsprobleme, obwohl man nicht mehr isst als früher)
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Depressive Verstimmungen
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Muskel- oder Gelenksschmerzen (besonders morgens)
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Menstruationsstörungen
So. Man lese dies durch, finde die eigenen Symptome, gehe zum Arzt und nicht selten wird man – besser gesagt frau – zu hören bekommen: „Tja, na ja, das Alter, der Wechsel… soll ich ihnen leichte Antidepressiva verschreiben?“
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An dieser Stelle möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass eine nicht behandelte Unterfunktion die Gefäße in einem Ausmaß schädigt, in dem es nicht mal Rauchen tut. Nein, du hast dich nicht verhört. Während Raucher ein 2x erhöhtes Risiko für Gefäßalterung und tödlichen Herzinfarkt haben, haben Menschen mit unbehandelter Unterfunktion ein 2,5x so hohes Risiko wie ein gesunder Mensch.
Unterfunktion erkennen
Da der Arzt die Schilddrüsenunterfunktion wie bereits erwähnt oft nicht auf Anhieb entdeckt, empfehlen die Ärzte Rüdiger und Simone Homm in ihrem Buch „Handbuch Anti-Aging und Prävention“ auf folgende Symptome zu achten. Treffen zwei oder mehr davon zu, deute das auf eine nahezu sicher vorliegende Unterfunktion:
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morgens, noch vor dem Aufstehen in der Armbeuge Temperatur messen – der Wert liegt unter 36,6° (ich habe Klientinnen, die Werte nahe 35° messen!)
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Verlangsamte Muskelreflex-Entspannungszeit (zB bei Achillessehnenreflex)
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Verschwollenes Gesicht
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Verlangsamte Bewegungen
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Verschlechtertes Hören