Das Yin in einer männlichen Welt
von Christina | Juli 4, 2017 | Blog |
Am Samstag leitete ich meinen letzten Live-Kurs vor der Sommerpause und es war wieder mal ein sehr netter Tag und interessanter Austausch unter Frauen. Danke an die Teilnehmerinnen (leider haben es nicht alle aufs Foto geschafft) und an Bacopa für die wohltuende Atmosphäre und das schöne Ambiente.
Gegen Ende des Kurses kam das Thema auf, wie oft die Chi-statt-Botox-Methoden denn anzuwenden wären und wie schnell man die Ergebnisse sieht. Die Antwort lautet, um innerhalb von 2 Wochen gute Ergebnisse zu bekommen braucht man nur 10 Minuten am Tag. Das ist sehr vorsichtig formuliert, denn eigentlich geht das viel schneller.
Das Yang meldet sich zu Wort
Mit dieser Rechnung sind die meisten Frauen zufrieden, ist ja grundsätzlich eine tolle Sache – kleiner Aufwand, große Wirkung. Hin und da kommt, wie auch diesmal, dennoch auch ein Seufzer: „Ich mache schon Sport, jetzt auch noch das, wie lang brauch ich da dann?“ Tja, und so sind wir in einem Frauen-Seminar sehr schnell mit Begriffen unterwegs, die eine männliche, eine Yang-Qualität haben: „wie lang, wie oft, wie schnell“. Statt es als eine Möglichkeit zu betrachten, sich selbst näher zu kommen, einen Raum zu erschaffen, in dem wir uns spüren können, sehen wir Frauen von heute schnell eine weitere Aufgabe auf der To-Do-Liste. Wie konnte es so weit kommen? Diese Frage richtet sich nicht an die fragende Teilnehmerin, sondern an uns alle.
Leistung statt Lust
Wie konnte es so weit kommen, dass wir unsere Yin-Qualitäten verlernen, ja oft für unwichtig halten? Seit wann ist die Pflege der Weiblichkeit eine lästige Pflicht und nicht ein lustvolles Privileg? Seit wann ist Tun so viel wichtiger als Sein? Erledigen so viel wichtiger als Genießen? Jeder ist auf der Suche nach dem, „was er ist“, aber niemand will sich mehr die Zeit nehmen, um zu sein. Wir begeben uns auf den spirituellen Weg, um uns selbst näher zu kommen und gehen auch diesen mit dieser Yang-Einstellung an: ich muss noch das Buch lesen, das Seminar besuchen, ich muss mir dieses noch anschauen, ich muss noch den Jakobsweg gehen. Ja, das alles ist wichtig, aber zwischendurch auch – sein. Das Geschehende annehmen. Die kleinen Freuden genießen. Raum haben, sich zu spüren. Und während wir also tun und suchen und gehen, sind wir abgelenkt von dem, was wir suchen – uns selbst. Das Selbst verlangt nach Sein, nach Spüren, nach Akzeptanz und Mitgefühl. Wir möchten „jemand sein“, sind aber zu sehr damit beschäftigt, das Wort „jemand“ zu definieren und vergessen darüber das „sein“. Chi statt Botox ist mit Yang betrachtet eine Aufgabe, mit Yin betrachtet ein Raum. Diese zwei ins Gleichgewicht zu bringen lädt uns dazu ein, unsere Yin-Qualitäten wieder stärker zuzulassen.
Was soll aus unserer Weiblichkeit werden, wenn wir die Zeit, die eine Frau für ihre Pflege braucht, nur noch als Aufgabe und Leistung betrachten? Ist es nicht das Wesen der Weiblichkeit, Räume zu schaffen, Nähe zu ermöglichen, Begegnung zuzulassen?
Zuerst Yang und „irgendwann“ Yin?
Glaub nicht, dass du genug Zeit für die Begegnung mit dir selbst hast, wenn du mit allem fertig bist, denn wir wissen beide – du bist nie fertig. Wenn du diese 10 Minuten nicht dir selbst schenkst, werden sie halt mit Pflichten gefüllt, die nicht weiter ins Gewicht fallen. Du wirst am Abend gewiss nicht sagen: „Genau in diesen 10 Minuten habe ich etwas Entscheidendes erledigt.“ Hast du dir aber diesen Raum gegeben, könnte es durchaus sein, dass du am Abend sagst: „Wenigstens die 10 Minuten hatte ich für mich. Ich war wenigstens 10 Minuten lang bei mir.“
Chi statt Botox ist keine Aufgabe, es ist ein Raum. Ein Raum für die Begegnung mit deiner Weiblichkeit, ein Raum für das Spüren, für ein Lächeln, das deinem Spiegelbild gilt. Chi statt Botox sind 10 Minuten, in denen du dir selbst guten Morgen sagen kannst, 10 Minuten für die liebevolle Zuwendung, die dir selbst gilt. Es ist eine Zeit, in der du die Intimität der Nacht ablegst, um dich in dein Tages-Ich zu transformieren. Die Methode ermöglicht dir, dich deinem Körper liebevoll zu nähern und dich in das schönste und behaglichste Tages-Ich zu verwandeln, das dir an diesem Tag möglich ist.
In diesem Sinne wünsche ich dir einen schönen und behaglichen Sommer!
Wow, suuuuper Bericht, liebe Christina! 🙂
Danke liebe Eva! 🙂